Teil I: Anreise

4.7.2010, 04.00 Uhr: ich hörte Silvio's Auto bei mir vor der Haustüre vorfahren, schnappte mir alle Gepäckstücke und freute mich darauf, Pesche, Rolando und Silvio begrüssen zu können. Doch da fehlte doch einer? Wo ist Pesche??? 

Rolando und Silvio liessen die Köpfe hängen und meinten, dass Pesche nicht zum abgemachten Zeitpunkt erschienen sei. Auch ein kurzer Abstecher zu Pesche's Zuhause brachte nix, er war dort nicht anzutreffen, und über Handy meldete er sich auch nicht. Nun denn, dann fahren wir halt zu dritt los. 

Auf einer Autobahnraststätte zwischen Bern und Zürich trafen wir Dävu an und nun ging es Richtung Zürich Kloten. Wir checkten unsere Taschen ein, verklebten mit Klebeband unsere Rutenrohre zu einem Gepäckstück und gaben dieses Monster-Rutenrohr mit grossen Hoffnungen auf ein Wiedersehen in Anchorage im Sperrgut ab. Anschliessend ging's durch die Passkontrolle und zur letzten Zigaretten-Pause. Hier trafen wir Urs an, der bereits sein Material am Vortag aufgegeben hatte und nun in aller Gemütlichkeit sich an einer Kubanerin vergnügte (Zigarre, wohlgemeint!).

Wir alle rätselten natürlich über Pesche's Abwesenheit und fanden es schade ihn nicht mit dabei zu haben. Irgendetwas musste da passiert sein, aber Möglichkeiten zum Umorganisieren blieben uns kaum. 

In Frankfurt angekommen, klingelte Rolandos Handy. Es war Pesche und dieser meinte, dass er sich auf heute Nachmittag um drei Uhr beim abgemachten Treffpunkt einfinde und alles klar sei. Ich kann mir den Hammer direkt vorstellen den ihn am Hinterkopf traf, als er merkte, dass 03.00 Uhr und nicht 15.00 Uhr auf dem Programm stand. Wir hatten aber noch zwei Tage vor dem Float in Anchorage als Aufenthalt geplant. Wenn Pesche es nun schaffte, einen Flug zu organisieren, den ihn vor unserem Float-Start nach Anchorage brachte, dann war er wieder "on board". Pesche griff in die Tasten und wir anderen flogen Richtung Anchorage.

In Anchorage angekommen, holten wir unsere beiden Mietfahrzeuge, zwei grosse Vans ab, und fuhren als erstes zu unserer Übernachtungsmöglichkeit, das earth B&B. Lori und Angel begrüssten uns herzlich und zeigten uns das grosszügige Bed and Breakfast. Eine wirklich sehr zu empfehlende Übernachtungsmöglichkeit, mitten in Anchorage, zu einem verdammt guten Preis ! 

Wir bezogen die drei für uns hergerichteten grossen Zimmer und richteten uns kurz ein.

Nun ging es weiter im Programm: Kurzer Abstecher zu Sportman's Warehouse und Mountain View Sport. Wobei von kurz kann nicht die Rede sein. Wer die beiden Geschäfte kennt, weiss, dass man sich dort locker ein paar Stunden um die Ohren schlagen kann und wenn man nicht aufpasst, das ganze Ferienbudget verbrannt hat. Wir hielten uns aber zurück und sparten uns den Grosseinkauf für den folgenden Tag auf.

Den Hunger und die Lust auf ein erstes kühles Alaskan-Amber stillten wir bei einem Mexikaner. Hier machte Dävu die Erfahrung, dass es immer ratsam ist, ein Ausweis in den USA auf sich zu tragen, wenn man ein Bier trinken möchte. So nippte er halt ab und zu an einem unserer Gläser und schaute tief in sein Sirup-Glas :-)

Rolando, Dävu und mich liess das Essen aber nicht lange still sitzen! Wir drei hatten bereits die Ruten montiert und die lagen voller Erwartungen in unserem Van bereit. Ein erster Halt im Schongebiet des Ship-Creek liess unsere Augen gross und die Hände zittrig werden: da standen 6 grosse Kings und gingen ihrem Laichgeschäft nach. Nichts konnte uns drei mehr halten und wir machten unsere Würfe im Ship (natürlich etwas weiter unten, wo das Angeln erlaubt ist). Leider sahen wir hier unten keinen einzigen King mehr und auch bei den anderen Fischern waren nur lange Gesichter erkennbar. Doch egal, die Leinen waren ein erstes Mal genetzt und die erste Chance auf einen King war ausprobiert.

Am späten Abend rief uns Pesche an und meldete, dass er einen Flug organisieren konnte. Mit KLM würde er durch halb Europa und Amerika fliegen, um am nächsten Abend in Anchorage einzutreffen. Wir alle freuten uns riesig, dass er es doch noch auf den Float schaffen wird! 

Zu allem Ärger begann nun auch noch mein rechtes Auge Schwierigkeiten zu bereiten. Eine Bindehauthautentzündung dehnte sich immer mehr und mehr aus. Glücklicherweise hatte unser Sani, Urs, antibiotische Augentropen zur Stelle und ich begann mit der Behandlung.

Am nächsten Tag teilten wir uns auf:

Dävu, Silvio und Urs starteten bei Fred Meyers mit den Proviant-Einkäufen, Rolando und ich trafen Brian Richardson von alaskaraftconnection.com, um unsere Boote und das restliche Material zu begutachten. Alles stand bereits für den morgigen Tag abholbereit. Brian erklärte uns alles, vorallem den Aufbau der Boote und wir staunten über seine guten Deutschkenntnisse. Er war früher im US-Nationalteam der Skifahrer und kennt die einschlägigen Wintersportorte in Europa. Zudem ist er ein Sammler des Schweizer Karabiners K-31 und ist sehr angetan von der Waffe. Ich sagte ihm, dass er mit dieser Waffe jedoch nicht behaupten kann, dass damit Kriege gewonnen wurden. Ja, die Schweizer... :-)

Wir trafen uns alle bei Fred Meyers und ergänzten noch das bereits gefüllte Einkaufswägelchen der drei Jungs mit zwei weiteren... Im Liquor-Store wurden noch die harten Sachen eingekauft und nun galt es ans Einpacken des Proviants in die 4 Plastikboxen und die zwei Kühlboxen. Alles konnte gut verstaut werden und wir sahen dem morgigen Tag gelassen und doch voller Erwartung entgegen.

 

Rolando fuhr spät Abends an den Flughafen und nahm Pesche in Empfang. Irgendwann klingelte mein Handy und Pesche war dran. Er fragte, ob ich mich mal um die nette Dame von der Gepäckausgabe kümmern könnte. Hä - was geht nun ab ?? Die leicht gereizte Damen erklärte mir, dass Pesches Gepäck nicht angekommen sei und es morgen um 12.00 Uhr Mittags zu erwarten sei.

 

Ups - mein Organisations-Plan zeigte nun die erste Schwäche! Die beiden Buschflieger werden morgen um 09.00 Uhr abheben. "Ok, alle Mann schön cool bleiben" - ich sagte Rolando, er solle jetzt mal den verlorenen Sohn Pesche zum B&B bringen und dann schauen wir weiter. Am Flughafen konnten die beiden jetzt eh nix mehr ausrichten. Unterdessen rief ich den Buschpiloten an (es war mittlerweile 23.00 Uhr). Und welch Glück, Tony von Regal-Air hob den Hörer ab und hatte volles Verständnis für unser Problem. Er schlug vor, dass wir mit dem einen Flieger wie geplant um 09.00 Uhr starten sollten und er auf 19.00 Uhr den zweiten Flieger plane. So hätten wir die Chance entweder das Gepäck entgegen zu nehmen, oder dann Pesche für den Float mit dem nötigsten auszustatten. Perfekt ! Wir waren wieder alle auf Plan.

Wir begrüssten Pesche voller Freude; doch musste er sich auch den einen oder anderen Spruch gefallen lassen. Er hatte jedoch durch den zusätzlichen Flug und den Ärger schon genug gelitten und wir entliessen ihn erschöpft in die Federn schlüpfen.

Auch der nächste Tag brachte uns wiederum einiges an Überraschungen:

Bei Regal-Air stand um 09.00 Uhr der eine Flieger zum Beladen bereit. Wir beschlossen, dass Silvio, Dävu und ich diesen nehmen; Rolando, Pesche und Urs den um 19.00 Uhr. Die drei konnten in der Zwischenzeit das Gepäck von Pesche abholen und Pesche noch mit dem nötigen Fischerzeug ausstatten.

So verteilten wir die Hälfte des Proviants und legten die eine Hälfte, unser Gepäck und uns selbst mal auf die Waage. Alles OK - denn die Boote und das Campmaterial war ja noch nicht da. Brian traf ein und steuerte sein Material noch bei. Ups - weit gefehlt !! "Da ist entweder ein Mann zuviel auf der Waage oder ihr müsst mächtig Gewicht irgendwie sonst verlieren", meinte Sergant Regal an der Waage. Ein dickes Homer Simpson "Neinnnn" rutschte mir über die Lippen ! In der Verzweiflung wurde alles Bier, Wein, und andere Schwergewichtige einmal weggenommen. Als dies noch nicht reichte, Kartoffeln, Karotten, und weiteres gewichtiges Essbares. Irgendwann kamen wir auf das erlaubte Gewicht. Die Boote von Brian waren das Problem in meinen Gewichtsberechnungen im Vorfeld. Er meinte es gut mit uns und gab uns seine absoluten Heavy-Boote mit, doch die waren leider nicht nur in der Güte "heavy" sondern auch im Gewicht. 

Die drei zurückgelassenen hatten nun einen weitere Aufgabe bis 19.00 Uhr... Sie entschieden sich dann zu einer anderen Option, davon aber später.

Dävu, Silvio und ich bestiegen unsere Maschine und der Pilot liess den V12 aufbrummen. Wir tuckerten zur Startpiste in Wasserform und flogen dem Judd-Lake entgegen.

Der Flug war sehr angenehm und nach rund 30 Minuten erspähten wir das erste Mal den Talachulitna River. Es ist jedes Mal wieder ein unglaubliches Gefühl den Fluss, welchen man gleich floaten wird, zu sehen ! Man späht nach umgestürzten Bäumen, erste Sandbänke zum Übernachten, verheissungsvolle Angelstellen, Bären, und, und, und.

 

Der Pilot machte uns den Gefallen und flog schön dem Flussverlauf hinauf und so hatten wir ausgiebig Zeit die Vorfreude zu geniessen. Der Fluss wurde immer schmaler, doch der Wasserstand, welcher dem einen oder andern unserer Gruppe Sorgen machte, war so, dass wir nicht den Eindruck bekamen, dass es Probleme mit dem Floaten geben würde. Am Anfang des Talachulitna Creeks ist der Judd Lake, auf welchem die Airtaxis landen können. Wir sahen aus der Luft einige Lodges, eine andere Float-Gruppe, die ihr Boot am Aufriggen war und einiges an Zivilisation. Also so ganz im Busch und der Einsamkeit waren wir nicht. Aber das war uns schon im Vorfeld bewusst.

 

Die Landung auf dem See war kaum spürbar, kein Wellengang, kein Sturm, fast schon langweilig. Nach dem Ausladen des Gepäcks und dem Bye-Bye-Flügelschlages des Pilotes beim Abflug ging es umgehend ans Aufriggen und Beladen des Bootes. Wir wollten ja eher los als die andere Gruppe ! Die Campmöglichkeiten im Oberlauf des Tal waren nicht überzählig, jedenfalls war das unser erster Eindruck aus der Luft.

lies weiter im Teil II: Floattrip