Teil II: Fischen im Strassensystem von Kodiak

Roadside Fishing Kodiak, Alaska
on the roads of Kodiak

Der erste Angeltag begrüsste uns typisch für Kodiak: neblig, grau, nass und eine bitter kalte Brise prüfte unsere Windstopper das erste Mal. Scheibenkratzen am Auto liess Vorfreude auf den heimischen Herbst erwachen.

 

Wir gaben dem Buskin-River, den wir am Vorabend kurz anschauten den Vortritt. Der Buskin ist ein ruhig fliessender Fluss, schnell von Kodiak-City her erreichbar und führt die Listen mit den grössten Silberlachsen auf Kodiak an. Die Laichgründe der Lachse ist der See, der nicht allzu weit vom Meer entfernt ist. Oben an diesem See ist auch die Zählstation der Lachse.

 

Kaum die Autotür geöffnet, stach uns ein beissender Gestank in die Nase. Beim Hinuntersteigen zum Fluss war auch schnell klar woher der Geruch stammte: verwesende Pink- und Rot-Lachse lagen zu hunderten im Wasser, am Ufer, in der Böschung, auf der Strasse, einfach überall. Es war kein schöner Anblick all diese Leichen zu sehen, und doch ist es der Lauf der Natur.

 

Beim genaueren Blick in den Fluss schoss uns das Adrenalin umgehend durch die Adern und der Geruch war schnell vergessen: Silberlachse! Und was für welche!!! Jeder von uns hatte umgehend ein breites Grinsen im Gesicht, feuchte Hände und ein Reissen im Wurfarm. Die grossen dunklen Schatten liessen uns nicht lange zögern – „wer ist schneller am Fluss ?“ - und wir servierten, die am Abend zuvor bei Mack’s Tackle Shop  erstandenen pinkfarbenen Streamer mit unseren 8er Ruten und schwimmenden Schnüren. Die ersten Bisse liessen nicht lange auf sich warten und die Cohos liessen uns ihre Sprungfreude und Kraft umgehend spüren. Es war fantastisch und schon jetzt hatte sich die Reise bereits ausbezahlt.

Am Nachmittag wechselten wir an den Russian-River (wir nannten ihn "Rössssian-Zössschen") und fanden einen Spot, der wohl den meisten anderen Fischern zu weit entfernt von der Strasse ist. Es gilt in ganz Alaska das Gleiche: ein paar Schritte von der Strasse weg und man ist praktisch alleine am Fluss. Wir fingen unsere Limits (zwei Cohos/Tag/Person), fuhren in der Dunkelheit zurück ins Studio und schlugen die Wolldecken um unsere müden aber sehr zufriedenen Fischer-Seelen. Das war ja schon mal ein toller Beginn.

 

Am nächsten Morgen gönnten wir uns ein zünftiges Frühstück im Kings-Dinner und besuchten wiederum als erstes den Buskin-River. Ui, das sah schon ganz anders aus. Die Silberlachse waren zickig und wollten nicht so recht. Es war schwierig die Fische zum Anbiss zu verlocken.

Gegen Nachmittag wechselten wir an den American-River, welcher voller Pinks war. Trotzdem gelang es uns, ab und zu eine Dolly Varden aus den Pinks rauszufischen, und die hatten teilweise beachtliche Grössen. Die Dollies fingen wir mit leichtem Gerät und Ei-Imitationen. Silberlachse waren hier keine zu fangen und wir kehrten ohne grosse Beute nach Hause zurück.

Am nächsten Tag galt es einige Dinge zur Vorbereitung des anstehenden Floats zu erledigen. Wir statteten als erstes der Koniag Corporation  einen Besuch ab. Diese Firma verwaltet unter anderem das Land rund um den Karluk-Lake und –River.

 

Ich hatte im Vorfeld bereits mit Erin Whipple Kontakt aufgenommen und sie machte uns das Angebot, dass wir beim Start unseres Floats auf dem Karluk die gerade eben neu erstellte Blockhütte am Karluk-Lake benützen könnten. Zudem sei sie selbst die Woche während unseres Floats auch am Karluk bei Portage (ca. Mitte des Flusses) und beaufsichtige eine Gruppe ihres Volunteer-Programms, welche einen Fourwheeler-Trail bis zur Larson Bay erstelle. Sie offerierte uns, bei ihnen vorbei zu schauen und solange wie wir wollten in der dort stationierten Yurte zu bleiben. Hey, das versprach warme, wohlige und trockene Übernachtungsmöglichkeit, inkl. Dusche. Bei unserem Besuch im Office der Koniag bekamen wir die Permits um das Land am Karluk zu betreten und die Blockhütte am See zu benützen, falls mal ein Ranger kontrollieren kommen sollte.

 

Anschliessend besuchten wir Island Air, das Buschflug-Unternehmen, um das Material zu begutachten, dann zu Walmart um zusätzliches Material zu kaufen (Küchenzelt, Boxen, Bärenspray, Signal-Raketen und Proviant) und es war schon fast Abend.

Zum Abschluss nochmals kurz am Russian- und Bushikin-River vorbei und wir erreichten knapp die Limits an Silberlachsen.

Im Studio ging’s ans Float-taugliche Packen. Auf der Veranda kam ich ins Gespräch mit Ron Dupuis, einem Nachbarn von uns. Ich erzählte ihm von unserem bevorstehenden Float auf dem Karluk. Er fing sofort Feuer und beneidete uns für das bevorstehende Abenteuer, doch war er auch kritisch und fragte mich nach den Bären, im Stil von „Are you crazy, man ? You are going to bears-paradise !!!“

Meine Antwort auf seine Frage bzgl. unseres Waffenarsenals, welches wir mit uns führen würden, liess ihn definitiv zum Schluss kommen, dass wir suizid-gefährdet wären. Pfefferspray und Signalraketen wären in seinen Augen zwar nette Mittel, doch für seinen Geschmack fehlte da etwas wesentliches, nämlich der nötige Donnerbalken mit angemessener Durchschlags-Kraft. Er fragte mich, ob wir nicht seine Shotgun mitnehmen wollten. Uff, fiel mir ein Stein vom Herzen. Der Deal war USD 150.- als Miete der Flinte und mein Pass als Rücklage bei ihm. Es barg für mich zwar ein gewisses Risiko, aber im Hinblick auf ruhige Nächte mit einer treuen Flinte an der Seite liess mich einschlagen. Weiter beruhigte mich die Tatsache, dass er der Assistent des hiesigen Richters ist und auch ein entsprechendes Auftreten hatte.